Dienstag, 30. April 2013

Sciacca nach Marsala

Irgendwie fiel mir das Aufstehen heute schwer. Zuerst ging es mit dem Gutschein für einen Cappuccino und ein Frühstücksteilchen die Treppe nach oben zu einem Cafe an der Hauptstrasse. Nur Italiener drin, die beim Kaffee ihre Zeitung lasen und auch gleich in höchster Lautstärke über alles Mögliche debattierten, was ich allerdings nicht verstand. Interessant war es allemal, und nach dem Taschenpacken ging es dann auch gleich auf einer sehr schön ruhigen Strasse in ziemlichem Abstand zum Meer Richtung Nordwesten. Wo die SS115 auf Stelzen von Hügel zu Hügel entlang schwebt, muss man auf der Nebenstrecke jedes Mal runter und wieder rauf, aber man sieht mehr vom Landleben und alles geht gemütlicher zu. Wieder mal kommen mir zwei ältere Radfahrer mit Packtaschen entgegen, außerdem jede Menge italienische Radfahrer im Profi-Design. Irgendwo muss da ein Rennen sein. Nach Selinunt geht es leider knappe 4 km runter, die musste ich später auch wieder zurückfahren. In einem Geschäft versorgte ich mich noch mit Wasser und Cola, dann stellte ich das Rad vor der Biglietteria ab. 6 Euro war ja schon fast ein Schnäppchenpreis, und es hat sich wirklich gelohnt.
Das insgesamt 284 ha umfassende Ausgrabungsgelände ist das größte Europas und mit Sicherheit eines der idyllischten mit dem kleinen Fischerort Marinella die Selinunte und seinem Strand nebenan sowie dem herrlichen Gelände, auf dem der östliche Tempelbezirk, die Akropolis mit der Antiken Stadt sowie das Heiligtum der Demeter Malophorus soweit voneinander entfernt stehen, dass so eine Art kleine Golf-Wägelchen für den Transport eingesetzt werden. Selinunt kommt übrigens vom wilden Sellerie, der griechisch "selinon" heißt und den es hier immer noch gibt. Dorische Griechen siedelten sich hier 650 v.Chr. an, legten Häfen an und wurden schnell so reich, dass sie zwischen 550 und 450 v.Chr. 8 dorische Tempel anlegten. 409 v.Chr. verloren sie gegen Segesta, das von Hannibal unterstützt wurde, und wurden Untertan der Karthager. Als 250 v.Chr. die Römer einzumarschieren drohten, zerstörten sie die Stadt und siedelten nach Marsala um. Durch ein Erdbeben im 6 Jh.n.Chr. wurden alle Spuren Selinunts ausgelöscht und erst im 16.Jh. wiederentdeckt. 1927 wurden Teile des Herakles-Tempels auf der Akropolis wiedererrichtet, 1958 der gesamte Hera-Tempel. Der Athena-Tempel und der riesige Apollon-Tempel mit einem Umfang von 50 x 110 Metern und mit einer Höhe von 30 m sind heute nur ein Trümmerhaufen. Als hätten Riesen mit ihren Bausteinen gespielt und am Ende keine Lust mehr gehabt und alles umgeworfen. Die Akropolis und die Antike Stadt sind nah am Meer gebaut und von der Pflanzenwelt weitgehend bedeckt, so dass man schon genau hinsehen muss, umd die Anlage der Stadt zu sehen. Da heute ein kräftiger Wind herrschte, waren die Wellen hoch und die Szenerie sehr beeindruckend. Zum Glück hatte ich mich für den langen Spaziergang zwischen den Tempeln mit Getränken versorgt, es waren hier heute 32°C im Schatten.
Nach dem Anstieg zurück auf die SP79 legte ich in Campobello di Mazara eine kleine Pause ein, um mir ein Wurstbrot zu machen. Zuerst setzte sich ein Schnorrer zu mir, der von mir Zigaretten oder einen Euro für einen Kaffee wollte. Brot hätte er haben können, aber einen Euro nicht. Dann kam ein sehr netter Mann auf dem Rad vorbei und fragte mich, ob ich Deutscher sei, und zwar auf deutsch. Er war 73 Jahre und hatte vor langer Zeit in München und in Österreich gearbeitet, als Automechaniker und in einer Pizzeria. Seine Söhne sind zur Zeit in Mannheim und in der Schweiz. Der Mann hatte kaum noch Zähne, aber er war so was von nett, solche Typen hätte ich gerne öfter getroffen. Wir haben uns dann geeinigt, dass nicht nur ich noch jung bin, sondern auch er, als ich ihm erzählte, dass meine Mutter fast 96 Jahre alt geworden wäre. Ciao, alter Mann, bleib noch lange gesund!
Kurz danach musste ich auf die SS115, aber der Verkehr ging noch, und ich konnte mit über 30 km/h über die Ebene fetzen. Das war auch nötig, denn es zog sich doch wieder ganz schön hin mit 85 Tageskilometern. Mehrmals fielen mir vor oder hinter den Städtchen jeweils 2 schwarze junge Mädchen auf , die auf jeweils einer Spur standen und besonders hübsch waren. Da sie einfach nur so rumstanden und warteten, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie zum Anschaffen da rum standen, denn die SS115 wird auch viel von LKWs und und Langstrecken-Fahrzeugen befahren. Keine Ahnung, ob das verboten ist, Berlusconi jedenfalls ist bisher selbst unter dem Vorwurf einer Beziehung mit einer minderjährigen Prostituierten nicht verurteilt worden. In Mazara Del Vallo fand ich noch einen Lidl und deckte mich mit Getränken ein, morgen ist ja der 1.Mai und damit Feiertag. Vollgepackt ging es dann in meine Unterkunft am Lido Signorino. Zwar noch 6 km bis Marsala, das ist mir heute zu weit, aber dafür ein funktionierendes Internet und ein Kühlsschrank. Am Strand war ich auch noch kurz, das Wasser wäre schon erträglich, ich tippe mal auf 18 bis 19°C. Aber sonst sieht alles noch nach Winterschlaf aus, und der Strand ist noch ziemlich dreckig. Trotzdem, auch hier schöner Sandstrand, keine Kiesel wie im Norden!
Jetzt schreibe ich an meinem Bog und schaue hin und wieder mal rüber auf den Live-Ticker vom Spiel Dort gegen Real. 61 Minuten vorbei, noch steht es 0:0; überhaupt hatte ich von den beiden super Hinspielen der deutschen Mannschaften erst gelesen, als mich neulich der Holländer nach den Ergebnissen fragte. Morgen geht es nach Trapani, das ist nicht sehr weit.
der wieder errichtete Hera-Tempel in Selinunte

der Haufen Bauklötze war vor 2500 Jahren mal der Apollon-Tempel

schnelle Eidechsen lieben die Wärme der Steine

teils wieder errichteter Herakles-Tempel auf der Akropolis

unter dem üppigen Grün ist die Akropolis und Antike Stadt kaum noch zu entdecken

Sandstrand bei Marinella di Selinunte

nochmals der Hera-Tempel auf dem Rückweg

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