Samstag, 20. April 2013

Stromboli nach Nirgendwo

Nach dem Frühstück hatte ich noch Zeit, bis das Tragflügelboot fahren sollte, und ich las weiter den Kluftinger. Es ist schon lustig, wieviele Eigenschaften man von sich selbst in der Person des Klufti wiederfindet, das haben die Autoren gut und lustig geschrieben. Als es dann soweit war, gab es natürlich wieder das übliche Gezeter wegen des Fahrrads. Da ich mit dem gleichen Schiff und derselben Mannschaft auf dem Hinweg gefahren war, konnten sie das Rad nicht grundsätzlich ablehnen. Aber obwohl das Ticket fürs Gepäck, also das Rad, bis Lipari ausgestellt war, musste ich ein neues Ticket lösen. Das Boot wurde mit jeder Insel voller, und ich fragte mich, wie das wohl am nächsten Tag in Lipari bei der Abfahrt mit einem anderen Schiff und einem anderen Kapitän aussehen würde. Ich musste ja nach der Ankunft noch einige Kilometer machen, und wenn die mich eventuell nicht mitnehmen würde, würde mein kompletter Zeitplan über den Haufen geworfen werden, was auch immer eine ganze Menge Geld bedeutet.So entschloss ich mich intuitiv, die eine Nacht auf Lipari sausen zu lassen und doch gleich bis Milazzo durchzufahren. Der Verlust hielt sich in Grenzen, 30 Euro für die Übernachtung in den Wind geschossen, dafür noch einmal 6 Euro für das Ticket fürs Rad gespart.
In Milazzo sah ich noch einmal die Franzosengruppe, mit denen ich auf dem Vulkan gewesen war. Sie wünschten mir viel Glück, und dann fuhr ich erst mal die SP61 nach Santa Lucia del Mela. Im Hafen war es 3 Uhr, so schaute ich mich in Santa Lucia nach einer Unterkunft um. Es gab aber nichts, und Internet gab es auch nicht, dass ich hätte suchen können. Der Ort lag schon hoch, dann ging es ziemlich steil weiter bergauf zu einem Berg xxxxx de Mela mit etwa 700m Höhe. Die in der ADAC-Karte verzeichnete Strasse wurd anschließend immer schmaler und ging wieder zu dem Fluss Mela hinunter, wobei immer noch vereinzelt Häuser standen. Am Fluss entlang ging es dann wieder auf einer mit Felsbrocken gespickten Schotterstrasse aufwärts. Ich hielt mich an den Weg, der im GPS zu sehen war. Immer weniger Autos kamen mir entgegen, zuletzt ein Jeep mit 3 jungen Italienern. Als ich fragte, wie lange es noch so hoch ging, sagten sie, noch etwa 1 Kilometer, dann sei SChluss. Ich freute mich schon, endlich wieder abwärts fahren zu können, denn lange Passagen musste ich schieben, weil sie zu steil waren. Nach einem Kilometer war tatsächlich Schluss, nämlich durch ein großes grünes Sperrgitter, wo auf italienisch draufstand, dass so ziemlich alles verboten sei. Wieder zurück, da hätte ich ja anschließend den ersten Berg wieder hoch gemusst! Die Sonne ging auch schon langsam unter, also was machen?
Ich erinnerte mich, in dem Radbuch Sizilien gelesen zu haben, dass viele Wälder auf Sizilien derart riguros eingezäunt seien und man mit dem Mountain Bike manchmal neben dran durchschlupfen könne, oder aber das Rad über eine beiderseitige Sprossenleiter drüberheben könnte. Neben dran ging nicht, also musste ich erst mal alle Gepäckstücke einzeln rübertragen, und dann noch das Fahrrad. Ich hatte natürlich Schiss, dass mich einer erwischt, und habe geschaut, dass ich erst mal vom Zaun wegkam. Es ging auf einem geschotterten Waldweg stetig bergauf, dann kam nach 10 Minuten die nächste Sperre mit derselben Prozedur. Bevor es ganz finster wurde, suchte ich noch nach meiner Stirnlampe und zog mir eine Jacke an. Spitzkehre um Spitzkehre ging es aufwärts, ich sah ein Reh direkt vor mir, hörte diverse Käuzchen und Eulen, und ich war wirklich mutterseelenallein. Irgendwann waren es dann Luftlinie noch ca. 6 km zur Strasse, aber eben nur Luftlinie, in echt vielleicht 20 km. Als ich dann noch Schüsse im Wald hörte und zufälligerweise auf eine Schutzhütte des hiesigen Alpenvereins traf, fasste ich den Entschluss, die Nacht in dieser zu verbringen. Es war 20:30 Uhr und inzwischen stockfinster, ich konnte auch gar nichts mehr sehen, wie es um mich herum ausschaute.
Leider hatte ich kein Feuer, denn es gab eine Kerze drin. So zog ich fast alles an, was ich hatte, 2 T-Shirts und 3 Jacken oben herum, unten die kurze und die lange Radlerhose, meine Outdoorhose und eine Regenhose obendrüber. Über die Radlerhandschuhe zog ich mir noch ein Paar dicke Socken, und dann versuchte ich auf der harten Bank zu schlafen. Als es noch kälter wurde, erinnerte ich mich an eine Rettungsdecke aus Alu, die ich noch über mich legte. Die hilft zwar wirklich, verrutscht aber ständig.Und auf über 1000 m Höhe wurde es wirklich ziemlich kalt!
Da ich bis auf das Frühstück den ganzen Tag nichts gefuttert hatte, knurrte mir der Magen. Ich glaube, das reicht mir erst mal als Outdoor-Erlebnis in diesem Urlaub. Ich bin froh, wenn ich morgen wieder ein Stück Strasse sehe.
Santa Lucia del Mela

Blick zurück bis Milazzo

kurz bevor die Strasse endet

ab hier nur noch Schotterweg

eine der Schranken der Forstverwaltung

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