Dienstag, 23. April 2013

Zafferana über Etna Sued nach Catania

Als ich morgens aus dem Fenster schaute, war noch alles naß, aber es regnete nicht mehr. Also ging ich nach der Dusche zum Frühstück in den Unterstock. Es gab Cappuccino, Croissant und Müsli, dann hieß es packen. Ich fand 40 Euro im Vergleich mit manch anderen Unterkünften für das B&B VillaHirschen zwar etwas teuer, aber erstens wäre mir gestern eh alles egal gewesen, und zweitens musste die Putzfrau auch den ganzen Lavasand aus dem Zimmer bringen, den ich zwangsläufig mitgebracht hatte. Der Wirt spricht gut deutsch und alles ist sehr sauber, mit Sonne sieht die Welt sicher wieder ganz anders aus.
Auf die Frage, ob ich denn nun noch hoch wollte, sagte ich, dass ich möglichst schnell nach Catania wolle. Als ich aber die paar Meter zur Hauptstrasse runterrollte, die Vorderradbremse ging noch, da sah ich plötzlich einen der Ätna-Gipfel schneebedeckt herausschauen. Irgendwie wollte ich an dem Ätna nicht scheitern. Also fuhr ich nicht Richtung Catania, sondern Richtung Etna Sued. also dahin, wohin ich es gestern nicht mehr geschafft hatte. Etwa 1350 Höhenmeter lagen vor mir, aber ich hatte ja Zeit. Die Strasse war verdammt steil, meistens musste ich im kleinsten Gang treten, aber je höher ich kam, desto besser wurde das Wetter. Bald schon waren die ersten blauen Flecken am Himmel zu sehen, und immer wieder Teile der Ätna-Gipfel. War es zuerst ganz ruhig, kamen mir gegen Mittag immer mehr Busse entgegen, und viele Italiener hatten den Daumen oben, wenn sie mich sahen. Sie sind einfach radsportbegeistert, für mich war es Motivation.
Im Süden kam nicht soviel Asche herunter wie im Osten gestern, und inzwischen war alles trocken, so dass ich keinen weiteren Verschleiß befürchten musste. Auf der unteren Hälfte des Weges hatte man guten Blick auf das momentane Ausbruchsgebiet. Trotz der Wolken sahe man immer wieder einen schwarzen Rauchpilz über dem Gipfel, der aber schnell von den Wolken verschluckt wurde. Meine Versuche, das aufs Bild zu bekommen, scheiterten regelmäßig: entweder ich war auf dem Rad, oder ich hielt die Kamera, aber nichts passierte. Gesehen habe ich es jedenfalls, aber es war lang nicht so beeindruckend wie Stromboli, obwohl so ein schwarzer Rauchpilz hier auch einige hundert Meter hoch war.
Nach über 4 Stunden war ich endlich oben, von den momentanen Aktivitäten des Vulkans sieht man dort aber nichts. Einige Busse standen noch herum, viele Besucher werden wohl einfach nur auf die beiden Krater Silvestri geklettert sein. Im Winter ist der Ätna ja ein Skigebiet, die riesigen Parkplatzflächen wurden gerade vom Lavastaub gesäubert. Bis auf die Seilbahn standen die Gondeln, aber kanpp 58 Euro für Seilbahn und anschließend mit einem 4x4-Bus noch zum Torre del Filosofo auf 2900 m  hochgekarrt zu werden, das war mir zuviel. Und auch mit der Zeit wäre es knapp geworden. Zusätzlich war das schöne Wetter mit einem Schlag vorbei, es wurde sehr kalt und ein heftiger Wind kam auf.  Mein  kleiner ganz privater Triumph, vor diesem Berg nicht klein beigegeben zu haben, den konnte mir nun niemand mehr nehmen.
Bei der Abfahrt nach Nicolosi wurde einem noch einmal bewußt, was die Lava alles schon vernichtet hat. Nicht nur das ganze Skigebiet, auch die Strasse nach Nicolosi und viele Häuser wurden von der Lava verschlungen. Erstaunlicherweise wird trotzdem immer wieder neu gebaut. Der Wind war inzwischen so kräftig, dass er mehrmals meine Kappe davonfliegen ließ und mich samt Rad fast gleich mit. Auch wegen der defekten Bremse konnte ich nur langsam nach Catania hinunterrollen. Inzwischen bin ich schon fast Meister, mich mit dem Rad zwischen den Staus durch zu manövrieren. Gegen 18 Uhr war ich in meinem "Apartement" gelandet, und für 30 Euro muss ich sagen, einfach Spitze. Ein Schlafzimmer mit Doppelbett für mich, ein Zimmer mit 2 Betten für mein Rad, eine Küche , ein Bad und sogar einen Balkon zum Innenhof, und das alles in einer typisch italienischen ruhigen Strasse, in der die Wäsche auf dem Balkon hängt. Ich bekomme jeden Nachbarn mit, ob ich das nun will oder nicht.
Nach der Dusche suchte ich erst mal den Fahrradladen auf, aber Bremsbeläge hatten die nicht. Ich hatte extra ein durchgeschliffenes Teil vom Hinterrad mitgenommen. Anschließend kam Sightseeing, und Catania hat mich voll beeindruckt. Obwohl es schon 729 v.Chr. gegründet wurde, ist kaum noch etwas Antikes erhalten. Grund sind die Erdbeben und die Lava-Ausbrüche des Ätna, die Catania seit der Antike nicht weniger als 7 Male komplett zerstört haben, das letzte Mal 1693. Jedes Mal aber bauten die Bewohner die Stadt wieder auf, und das, was heute zu besichtigen ist, ist der Städtebau der Spätromantik mit dem Baugrundstoff Lava. Catania ist die zweitgrößte Stadt und das wirtschaftliche Zentrum Siziliens. Mich hat die Stadt wesentlich mehr beeindruckt als Palermo, hier wird auf dem Piazza del Duomo flaniert und man zeigt, was man hat. Seit 2002 gehört es auch zum UNESCO Weltkulturerbe. Bei den ausländischen Besuchern genoß Catania als Hochburg der Mafia lange Zeit einen zweifelhaften Ruf, aber während der Amtszeit der Bürgermeisters Enzo Bianco von 1993-99 änderte sich einiges. Gerne werde ich mir diese schöne Stadt noch einmal genauer anschauen. Ein Tipp der B&B-Dame bescherte mir ein fabelhaftes mehrgängiges Abendessen incl. Getränk für 10 Euro in einer Trattoria an der Piazza Federico di Svevia. Nach dem gestrigen bescheidenen Tag eine Steigerung um 500 Prozent! So kann es weitergehen.

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